Wiederholte Verbreitung alter Falschbehauptungen kann nun im Eilrechtsschutz verboten werden – HÖCKER erwirkt Musterentscheidung im Presserecht
Wer eine alte Falschbehauptung erneut verbreitet, der kann nun eine einstweilige Verfügung kassieren: HÖCKER hat einen renommierten deutschen Verlag erfolgreich gegen Falschbehauptungen eines Autoren verteidigt. Der Autor hatte zunächst auf seinem Blog diverse Falschbehauptungen über angebliches Fehlverhalten des Verlages veröffentlicht. Nachdem Einigungsversuche fehl schlugen, hat der Verlag mit HÖCKER eine Klage auf Unterlassung dieser Äußerungen eingereicht.
Von dieser Klage unbeeindruckt hat der Autor dann Aussagen, die den in der Klage angegriffenen Falschbehauptungen stark ähneln, erneuert und diese in einer Google-Bewertung des Verlages veröffentlicht. Nachdem eine Abmahnung fruchtlos blieb, ging der Verlag mit HÖCKER gegen diese Google-Bewertung vor und beantragte ein Verbot im Eilrechtschutz (Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung).
Der Autor wehrte sich gegen den Verbotsantrag damit, dass Gegenstand des Antrags „alte“ Falschbehauptungen seien, die er in dieser Form ja schon vor vielen Monaten auf seinem Blog veröffentlicht habe. Der Verlag könne daher mangels einer Dringlichkeit gegen diese bereits seit langem an anderer Stelle veröffentlichte Behauptungen kein schnelles Verbot im einstweiligen Rechtschutz erreichen.
Das Landgericht Köln gab dem Autor sogar in erster Instanz recht. Es vertrat die Ansicht, dass die für ein Verbot im Eilverfahren notwendige Dringlichkeit fehle, weil hochgradig ähnliche Äußerungen seit Monaten bekannt und in einem Klageverfahren angegriffen würden.
Das Argument des Verlages, dass die Wiederveröffentlichung ähnlicher Falschbehauptungen in einer Google-Bewertung einen anderen und erweiterten Leserkreis erreichen würden, so dass die Schädigungswirkung durch die neue Falschbehauptungen größer geworden sei, war aus Sicht des Landgerichts Köln unerheblich.
Das OLG Köln hat nun die Entscheidung des Landgerichts Köln aufgehoben und sämtliche angegriffenen Aussagen des Autoren verboten:
Das OLG Köln stellt in der ersten Musterentscheidung zum Wiederaufleben der Dringlichkeit im Äußerungsrecht fest, dass ein Verbot im Eilverfahren zwar grundsätzlich voraussetze, dass der Betroffene zeitnah gegen Falschbehauptungen vorgeht. Das OLG Köln folgte allerdings der Argumentation von HÖCKER, dass eine neue Dringlichkeit für ein Verbot im einstweiligen Rechtsschutz dann entsteht, wenn der Äußernde Falschbehauptungen so wiederholt, dass diese einen anderen Leserkreis erreichen als in der ursprünglichen Veröffentlichung. So sei dies im vorliegenden Fall: Der Blog des Autoren, in dem gleichartige Äußerungen vor Monaten veröffentlicht wurden, erreiche einen anderen Leserkreis, als die nun in Rede stehende Google-Bewertung. Führe eine erneute Veröffentlichung bereits älterer Falschbehauptungen zu einem neuen Leserkreis, dann lebe die Dringlichkeit wieder auf und der Betroffene kann auch gegen bereits zuvor veröffentlichte Äußerungen ein Verbot im einstweiligen Rechtsschutz erwirken (OLG Köln, Beschluss vom 09.02.2024, Az. 25 W 7/24).
Dr. Carsten Brennecke: „Wir begrüßen diese wegweisende Entscheidung im Presserecht. Oftmals werden bereits früher getätigte Falschbehauptungen in leicht abgewandelter Form erneut verbreitet. Das OLG Köln berücksichtigt nun die berechtigten Interessen der Betroffenen und ermöglicht ein schnelles Verbot, wenn die Verbreitung der Äußerungen einen neuen Leserkreis erreicht und dadurch ihre Rechte beeinträchtigt werden.“
Christoph Jarno Burghoff: „Die von uns im einstweiligen Verfügungsverfahren angegriffenen Äußerungen hatte der Antragsgegner auf einem völlig anderen Verbreitungsweg und damit auch gegenüber einem völlig anderen Rezipientenkreis vorgenommen als die im Klageverfahren monierten. Angesichts der fortdauernden Persönlichkeitsrechtverletzung war es unserer Mandantin nicht zuzumuten, ein Hauptsachverfahren abzuwarten. Es ist sehr erfreulich, dass das OLG Köln in diesem für das Presse- und Äußerungsrecht wegeweisenden Beschluss die Eilbedürftigkeit der Sache bejaht und damit dem sozialen Geltungsanspruch unserer Mandantin den ihm gebührenden Rechtsschutz zukommen lässt.“