Untauglicher Versuch: CDU-Bundesvorstand scheitert mit Parteiausschlussverfahren gegen Hans-Georg Maaßen
Am 11.07.2023 hat das Gemeinsame Kreisparteigericht der CDU Thüringen mitgeteilt, dass es den Antrag des Bundesvorstands der CDU vom 14.02.2023, den ehemaligen Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Herrn Dr. Hans-Georg Maaßen, aus der CDU auszuschließen, abgelehnt hat (Az.: K1/23, bislang nicht begründet/nicht rechtskräftig).
Zugleich wurde auch die am 13.02.2023 getroffene Anordnung des CDU-Bundesvorstands, Dr. Maaßen bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Parteigerichte über den Ausschlussantrag von der Ausübung seiner Mitgliedschaftsrechte auszuschließen, aufgehoben. Lediglich wegen eines einzigen Vorwurfs verhängte das Gericht einen sog. „Verweis“.
Nach § 11 Abs. 1 des CDU-Statuts kann ein Mitglied nur dann aus der Partei ausgeschlossen werden, wenn es vorsätzlich gegen die Satzung der Partei oder erheblich gegen deren Grundsätze oder Ordnung verstößt und ihr damit schweren Schaden zufügt. Dies versuchte der CDU-Bundesvorstand zuletzt mit drei Themenkomplexen zu begründen:
1. Dr. Maaßens Eigenschaft als Vorsitzender des „WerteUnion e.V.“, v.a. unter Verweis auf diesbezügliche Beschlüsse des CDU-Präsidiums und des CDU-Bundesvorstands
2. Eine Äußerung in der „Weltwoche“ vom 09.01.2023, in der Dr. Maaßen u.a. unter Verweis auf Äußerungen des Vereinsvorsitzenden des „Mission Lifeline International e.V.“ Axel Steier geäußert hatte: „Derartige Aussagen sind kein radikaler Unsinn eines bekifften Grünen, sondern sind ein zentrales Element der Ideologie der sogenannten Anti-Deutschen in den linken Parteien (Grüne, SED/Die Linke, SPD und linker Flügel der CDU) und korrespondieren auch mit Elementen der Woke-Ideologie.“
3. Öffentliche Aussagen Dr. Maaßens unter Verwendung einiger Begriffe wie „Rassenlehre“ oder „Menschenzuchtprogramm“.
Der CDU-Bundesvorstand (und hier v.a. der damalige Generalsekretär MdB Czaja) versuchte schon im Vorfeld, das Verfahren medial zu gestalten und zu beeinflussen. Czaja wurde etwa in einem Online-Bericht der Tagesschau vom 13.02.2023 wie folgt zitiert: „Man könne sich kritisch mit den Vorschlägen der Bundesregierung auseinandersetzen, müsse aber in den Begriffen klar bleiben und nicht den Nationalsozialismus relativieren und den Opfern so nochmal viel Unheil antun, so Czaja.“
Ausweislich des nun bekannt gewordenen Tenors des Gerichtsbeschlusses verfingen aber weder die drei Begründungsversuche noch der Versuch der Beeinflussung durch Czaja. Anders als der (ehemalige) Generalsekretär, Präsidium und Bundesvorstand der CDU konnte das Gericht offenbar weder in der Mitgliedschaft bzw. der Ausübung des Amtes des Vorsitzes des „WerteUnion e.V.“ (ein Unvereinbarkeitsbeschluss hätte ohnehin nur vom Bundesparteitag erlassen werden können) noch in der Benutzung konkreter Begriffe (die hier zudem im Rahmen einer Kritik an als rassistisch erkannten Aussagen fielen) einen Verstoß gegen die Satzung der Partei oder gegen ihre Grundsätze oder Ordnung erkennen – und verhängte daher diesbezüglich noch nicht einmal eine Ordnungsmaßnahme (vgl. § 10 CDU-Statut).
Lediglich die oben unter Ziffer 2 genannte Äußerung führte zum Ausspruch eines Verweises. Auch wenn hier die Gründe noch nicht bekannt sind, kann schon festgehalten werden, dass das Gericht der Ansicht des CDU-Bundesvorstands, hiermit einen Parteiausschluss zu begründen, offenkundig nicht gefolgt ist.
Dr. Maaßen sieht in dem Ausgang des Verfahrens seine Sicht der Dinge in großen Teilen bestätigt. Außergerichtlich hatte er bereits einen Kompromiss angeboten, auf den der Bundesvorstand indes nicht eingegangen war. Ob er daher wegen des jetzt in Bezug auf eine einzige Aussage ausgesprochenen Verweises Rechtsmittel einlegen wird, will er insbesondere auch vom weiteren Verhalten des CDU-Bundesvorstands im Verfahren abhängig machen.
Dr. Maaßen wurde im Verfahren von den beiden HÖCKER-Partnern Dr. Marcel Leeser (CDU) und Dr. Christian Conrad (parteilos) vertreten. Dr. Conrad leitet bei HÖCKER das Dezernat „Öffentliches Äußerungsrecht“, in dem er u.a. nahezu alle rechtlichen Themen aus dem Bereich „Äußerungen in der Politik“ bearbeitet (v.a. auch Parteiausschlussverfahren, Parteienfinanzierung, Äußerungen zu bzw. von Parteien, Fraktionen oder Abgeordneten etc.). Beide Partner nahmen zusammen mit Dr. Maaßen auch an der mündlichen Verhandlung am 23.06.2023 in Erfurt teil, die sie als in hohem Maße professionell empfunden haben. Sie sehen sich mit dem jetzt vorliegenden Beschlusstenor nicht nur in der Sache vollauf bestätigt, sondern sind auch wegen der Vielzahl an gerügten Verfahrensfehlern auf die schriftliche Begründung gespannt. Allein schon wegen der erkannten formalen Mängel sehen sie einem etwaigen Rechtsmittel des CDU-Bundesvorstands gelassen entgegen.
Dr. Marcel Leeser: „Das Parteiausschlussverfahren gilt gemeinhin als schärfstes Schwert des Parteienrechts – wer es zieht, sollte sich dabei nicht selbst verletzen. Nun bleibt Dr. Maaßen in der Partei, aber der federführende Generalsekretär wurde ausgetauscht. Das erweist sich als klassischer „Schuss in den Ofen“!“
Dr. Christian Conrad: „Ich habe bereits mehrere Parteiausschlussverfahren anwaltlich betreut. Dieses hier war aber nicht nur geradezu dilettantisch vorbereitet – es war vielmehr von Vornherein zum Scheitern verurteilt, da offenbar ein politischer Wille statt eines rechtlichen Ziels durchgesetzt werden sollte. Damit kommt man aber vor einem sachlichen und neutralen Parteigericht nicht weit.“