Sieg für Kunstfreiheit: Platz 1-Album verteidigt!

Schon das Landgericht München I hatte den Antrag auf Erlass einer Verbotsverfügung gegen einen Song des Platz 1-Albums „1331“ der Band Weimar in 9 von 10 Punkten zurückgewiesen (LG München I, Urteil vom 07.11.2024, Az. 26 O 12416/24). Nun kam es für die Band noch besser: Der Gegner hat seinen Verfügungsantrag in zweiter Instanz (Az. 18 U 3949/24) vollständig zurückgezogen.

Was war passiert?

Vor kurzem erschien das zweite Album der Band Weimar, das in den deutschen Albumcharts Platz 1 belegte. In dem Song „Manifest II“ aus der gleichnamigen Trilogie setzt sich die Band auch künstlerisch mit einem YouTuber und Band-Kritiker auseinander, der sich öffentlich als „Aussteiger“ aus dem Rotlicht- und Rockermilieu inszeniert. Der Songtext thematisiert dabei die kriminelle Vergangenheit des YouTubers und wirft die Frage nach seiner Glaubwürdigkeit auf.

Vor Gericht ließ der YouTuber u.a. vortragen, er sei nie Zuhälter, sondern – so wörtlich – „Geschäftspartner von Prostituierten“ gewesen, dies obwohl er sich öffentlich selbst als ehemaligen „Zuhälter“ bezeichnet hatte. Mit seinem Verbotsantrag erlitt er deshalb eine Bruchlandung, das Landgericht München I wies 9 von 10 angegriffenen Punkten zurück. Allein die Bezeichnung „Menschenhändler“ wurde verboten. Es handele sich um eine Herabwürdigung ohne belastbare Anknüpfungstatsachen.

Neue Beweismittel tauchen nachträglich auf

Der entscheidende Hinweis kam aus dem „Weimar Kollektiv“, der Fangemeinde der Band: Es kursierten nämlich zwei YouTube-Videos, in denen der YouTuber seine früheren Aktivitäten im Rotlichtmilieu selbst als „Menschenhandel“ bezeichnet. Die Band entschied sich daher dazu, Berufung beim Oberlandesgericht München einzulegen. Einer Aufhebung des Verbots kam der YouTuber nun zuvor, indem er seinen Verfügungsantrag vollständig, also in allen 10 Punkten, zurücknahm.

Rechtsanwalt Dr. Christoph Schmischke: „Wer nicht öffentlich als ‚Zuhälter‘ bezeichnet werden möchte, der sollte auch seine zeitlich zurückliegenden Aktivitäten im Rotlichtmilieu nicht öffentlich thematisieren. Der Einwand, man sei ‚Aussteiger‘ und habe die Vergangenheit hinter sich gelassen, zieht erstmal nicht. Denn die Aussteiger-Story kann man glauben, muss man aber nicht.“

Rechts- und Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz Dr. René Rosenau: „Zwar gilt irgendwann das ‚Recht auf Vergessen‘. Darauf kann man sich aber dann nicht berufen, wenn man die Umstände, die man aus dem öffentlichen Gedächtnis tilgen will, selbst ständig öffentlich thematisiert.