Sicherheitsleistung kann Kläger von Angabe der Privatanschrift befreien
Vermögende Personen sind vielfältigen Gefahren ausgesetzt: Von politisch motivierten Straftaten bis hin zu finanziell veranlassten Entführungen und Lösegelderpressungen ist viel denkbar. Tragische Beispiele (Albrecht, Oetker, Reemtsma, Schlecker, Würth) rufen dies immer wieder ins Bewusstsein. Viele „Superreiche“ ergreifen deswegen umfassende Sicherheitsmaßnahmen und führen ein zurückgezogenes Leben. Dies gilt auch für eine Unternehmerfamilie, die ein Wirtschaftsmagazin jedoch mit einer konstruierten Berichterstattung aus der selbstgewählten Anonymität reißen wollte.
Den hiergegen in die Wege geleiteten einstweiligen Rechtsschutz verweigerte das erstinstanzliche Gericht allerdings mit Hinweis darauf, dass die Verfügungskläger keine ladungsfähige Anschrift angegeben hätten. In der Tat hatten die Familienmitglieder in der Antragsschrift natürlich nicht ihre jeweilige Privatanschrift, sondern die Adresse der Familien-Holding benannt – zum Schutz ihrer Privatsphäre. Die Zurückweisung ihrer Anträge wollten sie deswegen nicht auf sich sitzen lassen. Mithilfe von HÖCKER legte die Unternehmerfamilie daher sofortige Beschwerde gegen den Beschluss ein.
Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang, dass die Zivilprozessordnung selbst nicht verlangt, dass der Kläger eine ladungsfähige Anschrift angibt. Es handelt sich hierbei vielmehr um eine von der Rechtsprechung „contra legem“ (= entgegen dem Gesetzeswortlaut) entwickelte Zulässigkeitsvoraussetzung, mit der vor allem das finanzielle Interesse des Beklagten abgesichert werden soll. Um dem Rechnung zu tragen, brachte die Unternehmerfamilie eine Prozesskostensicherheit bei, die geeignet war, sowohl das Kosteninteresse der Verfügungsbeklagten als auch der Staatskasse vollständig abzudecken.
Dem Oberlandesgericht Köln genügte dies, um von der Zulässigkeit der Anträge auszugehen (Urt. v. 12.08.2021 – 15 W 47/21): Angesichts der zur Verfügung gestellten Sicherheit bestehe keine Gefahr mehr, dass sich die Verfügungskläger aufgrund ihrer Anonymität einer Kostentragungspflicht entzögen. Das daneben von der Beklagten erkannte Risiko, die Kläger könnten sich einer Anordnung des Gerichts zum persönlichen Erscheinen entziehen, ließ der Senat demgegenüber nicht gelten. Denn hierdurch würden sich die Kläger im Zweifel alleine selbst schaden.
Rechtsanwalt Dr. René Rosenau, LL.M.: „Unseren Mandanten geht es nicht darum, irgendein ‚Reichen-Privileg‘ für sich in Anspruch zu nehmen. Wir konnten dem Gericht einen Weg aufzeigen, wie sich das berechtigte Beklagteninteresse, nicht auf Kosten sitzen zu bleiben, und das Interesse der Kläger an Privatheit wirksam in Einklang bringen lassen.“