OLG Köln: Gourmetrestaurant Brogsitter mit HÖCKER erfolgreich gegen unsauber recherchierte Restaurantkritik in "Der Feinschmecker"
Redefreiheit für DER FEINSCHMECKER – so überschrieb der Jahreszeitenverlag eine Pressemitteilung im Jahre 2010, nachdem das Landgericht Köln einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung des Betreibers des Gourmet-Restaurants „Brogsitter“ abgelehnt hatte. Ausgangspunkt der Auseinandersetzung war eine Restaurantkritik im Gastronomieführer der Zeitschrift DER FEINSCHMECKER.
Das Oberlandesgericht Köln hob die Entscheidung der ersten Instanz auf und entschied zugunsten von Brogsitter. Es bescheinigt nun mit Urteil vom 03.05.2011 (Az: 15 U 194/10), dass der FEINSCHMECKER bei Test und Beurteilung des Gourmetrestaurants die journalistische Sorgfaltspflicht verletzte.
Der FEINSCHMECKER hatte seine abwertende Kritik auf der Basis des Besuchs einer Reisejournalistin (!) verfasst, die zum Teil ganze Komponenten einer Gangfolge unangetastet ließ, während sie sich von den servierten Weinen gerne mehrfach nachschenken ließ.
Das Oberlandesgericht stellte die Rechtswidrigkeit der Bewertung fest. Wird ein Gourmetrestaurant getestet, darf sich der Verlag nicht alleine auf die subjektiven Schilderungen einer Reisejournalistin anhand eines einmaligen Besuchs verlassen. Es formulierte:
„Der Besuch der von ihr [des FEINSCHMECKER-Verlags] eingesetzten Testesserin, der unstreitig das Ergebnis eines einzigen Besuchs einer einzigen Person war, stellt keine hinreichend zuverlässige Tatsachengrundlage für die vorgenommene Abwertung dar“
Die journalistische Sorgfaltspflicht gebietet es, das Testergebnis z.B. durch einen zweiten Besuch oder eine zweite Testperson zu überprüfen. Dies insbesondere dann, wenn eine Kritik erhebliche Nachteile bewirken und zu erheblichen Wettbewerbsverzerrungen führen kann.
Den in der Gerichtsverhandlung geäußerten Einwand des Verlags, derartige Anforderungen könne er in der Praxis überhaupt nicht einhalten, ließ das Oberlandesgericht Köln nicht gelten. Wenn sich ein Verlag entschließt, Gastronomiebetriebe zu testen und zu bewerten, dann muss er dabei sorgfältig vorgehen. Kann oder will er dies nicht, so darf er nicht testen und bewerten. Das Gericht stellte fest, es sei:
„vor der Veröffentlichung eine weitere Überprüfung zu veranlassen um festzustellen, ob die bereits vorliegende Kritik nicht lediglich das Ergebnis einer womöglich sogar noch durch subjektive Befindlichkeiten der Testesserin beeinflussten Momentaufnahme widerspiegelt.“