OLG Köln bestätigt Verbreiterhaftung der BUNTE für rechtswidrige Äußerungen über Jörg Kachelmann.
Nachdem es Claudia Dinkel bereits mit Urteil vom 06.11.2012 (15 U 97/12) verboten worden war, weiterhin Falschbeschuldigungen gegenüber Jörg Kachelmann aufzustellen, stellt das OLG mit Urteil vom 20.11.2012 (15 U 102/12) auch die Haftung der BUNTE für die Verbreitung der rechtswidrigen Äußerungen fest. Das OLG bestätigt damit die Entscheidungen des Landgerichts Köln aus dem einstweiligen Verfügungsverfahren (28 O 540/11) sowie der 1. Instanz (28 O 1072/11).
In seinem Urteil weist der Pressesenat zunächst daraufhin, dass die verbreiteten Äußerungen in hohem Maße ehrabträglich seien. Die Aufrechterhaltung des schwerwiegenden Tatvorwurfs trotz des umfangreichen und mit einem Freispruch beendeten Strafverfahrens führe zu einem erheblichen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht, den Jörg Kachelmann angesichts der durch die Verfassung und gemäß Art. 6 Abs. 2 EMRK garantierten Unschuldsvermutung nicht hinnehmen müsse. Das OLG stellt dabei ausdrücklich das schützenswerte Recht von Jörg Kachelmann fest, in der Öffentlichkeit nicht als schuldig dargestellt zu werden.
Da an den verbreiteten Behauptungen - zudem in ihrer konkreten Darstellungsweise - “kein überwiegendes öffentliches Informationsinteresse” bestehe, seien sie nicht von der Meinungsfreiheit umfasst. Ohne Erfolg blieb auch der Versuch, die unsachlichen und von überschwänglicher Emotion getragenen Äußerungen durch ein „Recht auf Gegenschlag“ zu relativieren. Denn – so stellte das OLG fest – auch im Hinblick auf einen solchen „Gegenschlag“ müsse “der geführte Strafprozess und der Freispruch des Klägers Berücksichtigung finden” und “Frau Dinkel bei der Wahrnehmung eines “Gegenschlags” Zurückhaltung zeigen”. Der ergangene Freispruch könne “nicht schlichtweg ignoriert werden”. Die Aufrechterhaltung des Tatvorwurfs sei daher keine adäquate, sondern eine schlicht unverhältnismäßige Reaktion von Claudia Dinkel. Im Übrigen laufe die Reaktion von Claudia Dinkel “auf eine Form der Selbstjustiz hinaus, die in einem Rechtstaat grundsätzlich unzulässig ist und die es auch wegen der damit einhergehenden Gefahr einer Eskalation durch wechselseitige Verletzungen des grundrechtlich geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu unterbinden gilt”.
Die BUNTE haftet für die verbreiteten rechtswidrigen Äußerungen von Claudia Dinkel als “intellektuelle Verbreiterin”. Das OLG kommt in seinem Urteil zu diesem Schluss, obwohl es sich um Drittäußerungen handelte, welche sich die BUNTE auch nicht zu eigen machte. Allerdings habe die BUNTE durch die Art der redaktionellen Präsentation “überschießenden Einfluss” auf die übermittelte Drittäußerung genommen und habe damit eine “eigene inhaltliche Beziehung” zu den Äußerungen von Claudia Dinkel hergestellt. Da die BUNTE mit zahlreichen Formulierungen die Darstellung von Frau Dinkel inhaltlich bestätigte, sich auf ihre Seite stellte und sich mit ihr solidarisierte, bewirke
"sie damit mehr als die Darstellung der Meinung oder Behauptung eines Dritten. Auch bei Wahrung der vorbezeichneten Zurückhaltung trifft die Beklagte daher die Haftung als intellektuelle Verbreiterin der streitgegenständlichen Interviewäußerungen der Frau Dinkel."