OLG Düsseldorf kippt Urteil im Prozess der Stadt Düsseldorf um Mario Barths Garage.
Das OLG Düsseldorf (Az. I-16 U 77/16) hat eine Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf aufgehoben, mit der einem Bürger untersagt worden war, sich kritisch über die Baugenehmigungspraxis der Stadt Düsseldorf zu äußern.
Hintergrund der Entscheidung waren mehrere baurechtswidrige Genehmigungen beim Bau einer überdimensionalen Garage durch den bekannten Comedian Mario Barth. Der Nachbar klagte gegen die Genehmigungen. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf stellte zwar fest, dass die Baugenehmigungen rechtswidrig waren, wies die Klage jedoch aus formalen Gründen ab, da der Nachbar nicht unmittelbar betroffen sei.
Der Nachbar wendete sich daraufhin an den damaligen Oberbürgermeister der Stadt Düsseldorf und bat diesen zum einen, die rechtswidrigen Baugenehmigungen zurückzunehmen. Ferner forderte er ihn auf,
„der notorisch rechtswidrigen Genehmigungspraxis der Düsseldorfer Bauaufsicht grundsätzlich ein Ende zu setzen.“
Zudem gab er wahrheitsgemäß an, dass er in der Nachbarschaft von einigen Bürgern gehört habe, dass sie von Mitarbeitern des Bauamtes zu „nützlichen Abgaben“ animiert wurden, wenn sie Änderungen ihrer Baugenehmigungen wünschten. Als der Nachbar zunächst keine Antwort auf sein Schreiben erhielt, versandte er es an die Mitglieder des Düsseldorfer Stadtrates sowie an die jeweiligen Fraktionen.
Anstatt sich mit den Belangen des Bürgers umfassend auseinander zu setzen, verklagte die Stadt Düsseldorf den Bürger und forderte ihn zur Unterlassung dieser Äußerungen auf. In der ersten Instanz sprach das Landgericht Düsseldorf der Stadt den Anspruch zu, ohne auch nur einen einzigen Zeugen zu vernehmen, der die Aussagen des Nachbarn hätte bestätigen können. Mit dünner Begründung führten die Richter aus, dass die von dem Bürger beschriebenen Vorfälle so weit in der Vergangenheit lägen bzw. so unbestimmt seien, dass seine Behauptung als unwahr zu betrachten sei.
Das OLG Düsseldorf hob die Entscheidung des Landgerichts auf und stellte klar, dass der Bürger sich rechtstreu verhalten hatte. Mit deutlichen Worten führte der Senat aus:
„Durch die Äußerungen des Beklagten in seinem Schreiben vom 03.10.2013 wird die öffentliche Anerkennung der Klägerin [der Stadt Düsseldorf] nicht in einer Weise berührt, die ein Unterlassungsverlangen rechtfertigen könnten. Der Beklagte hat die Klägerin nicht öffentlich herabgesetzt, sondern in einem verwaltungsinternen Verfahren sein Anliegen, zulässigerweise auch in scharf gefasster Kritik, geltend gemacht.“
Aus dem Vorbringen der Stadt ergebe sich nichts, was dem Bürger Anlass hätte geben müssen, an der Richtigkeit der ihm gerüchteweise zugetragenen Informationen zu zweifeln. Zu berücksichtigen sei in diesem Zusammenhang, dass der Bürger durch die von ihm verwendete Formulierung („er höre in der Nachbarschaft...") für den unvoreingenommenen und verständigen Durchschnittsleser deutlich gemacht hatte, lediglich Gerüchte aus der Nachbarschaft aufzugreifen. Damit habe der Bürger zugleich hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, für die Richtigkeit der ihm gerüchteweise bekannt gewordenen Tatsachen keine Gewähr zu übernehmen.
Der Senat stellte zudem fest, dass pikanterweise auch der Nachbar zu einer entsprechenden „nützlichen Abgabe“ durch die Stadt aufgefordert wurde:
„Hinzukommt, dass die Klägerin nicht in Abrede stellt, dass der Beklagte im Zusammenhang mit einer beantragten Änderung der Dachneigung seines Hauses zu einer Spende in Höhe einer vierstelligen Summe aufgefordert wurde.“
Im Ergebnis stellt das OLG Düsseldorf fest, dass sich der Nachbar zu Recht mit seinem Anliegen an die entsprechenden Stellen der Stadt Düsseldorf richten und dabei auch deutliche Worte der Kritik verwenden durfte.
Rechtsanwalt Dr. Carsten Brennecke:
„Ein betroffener Bürger wendet sich wegen einer bedenklichen Genehmigungspraxis an die Stadt Düsseldorf – und wird von dieser verklagt. Der zweite Skandal liegt jedoch darin, dass das Landgericht ohne hinreichende Begründung zugunsten der Stadt entschied. Diesem hat nun das OLG Düsseldorf ein Ende bereitet und mit seinem Urteil nun hoffentlich ein Schlussstrich unter das unrühmliche Kapitel der Düsseldorfer Bauskandale gesetzt.“