OLG Düsseldorf: Ehemaliger Düsseldorfer Baudezernent muss kritische Äußerungen zur Genehmigungspraxis bei der Garage von Mario Barth hinnehmen.
Das OLG Düsseldorf (Az. I-16 U 78/16) hat eine Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf aufgehoben, mit der einem Bürger untersagt worden war, sich kritisch über den ehemaligen Baudezernenten der Stadt Düsseldorf zu äußern.
Hintergrund der Entscheidung waren mehrere baurechtswidrige Genehmigungen beim Bau einer überdimensionalen Garage durch den bekannten Comedian Mario Barth. Der Nachbar klagte gegen die Genehmigungen. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf stellte zwar fest, dass die Baugenehmigungen rechtswidrig waren, wies die Klage jedoch aus formalen Gründen ab, da der Nachbar nicht unmittelbar betroffen sei.
Der Nachbar wendete sich daraufhin an den damaligen Oberbürgermeister der Stadt Düsseldorf und bat diesen zum einen, die rechtswidrigen Baugenehmigungen zurückzunehmen. Ferner forderte er ihn auf,
„der notorisch rechtswidrigen Genehmigungspraxis der Düsseldorfer Bauaufsicht grundsätzlich ein Ende zu setzen.“
Zudem wies er auf ein Treffen des damaligen Baudezernenten Dr. B. (CDU) hin, der sich im Sommer 2009 im Beisein und auf Betreiben des damaligen Stadtrates S. in dessen Restaurant traf. Er vermutete, dass dieses Treffen stattfand, um dem Comedian Mario Barth bei der Genehmigung der Garage in Düsseldorf behilflich zu sein. Als der Nachbar zunächst keine Antwort auf sein Schreiben erhielt, versandte er es an die Mitglieder des Düsseldorfer Stadtrates sowie an die jeweiligen Fraktionen.
Anstatt sich mit den Belangen des Bürgers umfassend auseinander zu setzen, wollte der Baudezernent Dr. B. den Bürger zum Schweigen bringen. Er forderte ihn zur Unterlassung seiner Äußerungen auf und verklagte ihn. Das Landgericht Düsseldorf gab der Klage statt, da der Vorfall von dem Bürger zu „unsubstantiiert“ beschrieben worden und daher als unwahr zu betrachten sei. Dieses Ergebnis irritierte insbesondere in Anbetracht des Umstandes, dass Dr. B. bis heute lediglich bestreitet, dass er sich mit Herrn S. getroffen habe, um Herrn Barth bei der Genehmigung einer Garage tatkräftig behilflich zu sein. Dr. B bestritt jedoch gerade nicht, dass er sich mit Herrn S. in dieser Angelegenheit austauschte sowie dass er auf die ihm unterstellte Bauaufsichtsbehörde zugunsten von Herrn Barth eingewirkt habe.
Das OLG Düsseldorf hob die Entscheidung des Landgerichts auf und stellte klar, dass der Bürger sich rechtstreu verhalten hatte. Mit deutlichen Worten führte der Senat aus:
„Das Schreiben des Beklagten [des Bürgers] vom 03.10.2013 enthält in Bezug auf den Kläger [Dr. B.] und seiner Beteiligung an der erteilten Baugenehmigung zugunsten von Mario Barth einen wahren Tatsachenkern und im Übrigen vermengen sich bei zutreffender Sinndeutung tatsächliche und wertende Elemente, so dass die Äußerung in Ihrem wesentlichen Aussagengehalt als zulässige Meinungsäußerung zu qualifizieren ist.“ (…)
Entscheidend sei, ob ein Mitglied des Stadtrates und der Baudezernent sich darüber unterhalten haben, einem Prominenten behilflich zu sein. Hierin liege eine Tatsachenbehauptung, die objektiv richtig oder falsch sein kann, d.h. mit den Mitteln des Beweises auf ihre Richtigkeit hin überprüft werden könne. Ob es hierbei zu einer abschließenden Verständigung der Gesprächsteilnehmer gekommen ist, sei nicht von entscheidender Bedeutung. Weil der ehemalige Baudezernent nicht in Abrede gestellt hatte, sich mit dem Stadtrat S. über die Genehmigung der Garage von Mario Barth unterhalten zu haben, sei von einer wahren Tatsachenbehauptung auszugehen, die von dem Kläger hinzunehmen ist.
Weiter stellte der Senat fest, dass der Bürger wegen der von ihm benannten Zeugen zu Recht seine Sorgen in entsprechender Form formulieren durfte:
„Die beanstandete Äußerung wird auch nicht deshalb unzulässig, weil der Kläger bestreitet, sich mit dem Stadtrat S. auf eine Hilfeleistung zu Gunsten des Comedian Mario Barth verständigt zu haben. Selbst wenn darin eine unwahre Tatsachenbehauptung läge, so waren aus Sicht des Beklagten im Zeitpunkt der Äußerung zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorhanden, die für den Wahrheitsgehalt sprachen. Denn der Beklagte hatte vor Abfassung des streitbefangenen Schreibens Recherchen angestellt und durfte aufgrund der Informationen, die er von den Zeugen R., P. und F. erhalten hatte, davon ausgehen, dass der Kläger seine Hilfe und Unterstützung bei der Genehmigung der Garage zu Gunsten des Comedian Mario Barth zugesagt hatte.“
Rechtsanwalt Dr. Carsten Brennecke:
„Der ehemalige Baudezernent der Stadt Düsseldorf wollte einen kritischen Bürger zum Schweigen bringen, der wahrheitsgemäß über ein bedenkliches Treffen berichtet hatte. Diesem Versuch hat das OLG Düsseldorf eine Absage erteilt und in aller Deutlichkeit erklärt, dass sich der Bürger so äußern durfte.“