LG Köln zu Dieselabgasaffäre: Presse durfte nicht über Wirtschaftsstrafverfahren berichten, ohne vorher den Anwalt des Beschuldigten zu kontaktieren.
Sobald Medien über einen Verdacht berichten möchten, müssen sie nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verschiedene Voraussetzungen berücksichtigen. So sind sie insbesondere verpflichtet, den von einer möglichen Berichterstattung Betroffenen vorher anzuhören.
Das Landgericht Köln (Az. 28 O 301/17, n.rkr.) hat in einem aktuellen Urteil diese Konkretisierungspflichten präzisiert. Die Verfügungsbeklagte – eine große deutsche Tageszeitung – berichtete über die Anordnung einer Untersuchungshaft gegen einen Beschuldigten in einem Wirtschaftsstrafverfahren.
Obwohl im Markt bekannt war, wer den Verfügungskläger vertritt, unterließ die Zeitung gleichwohl die rechtzeitige Anhörung und publizierte den Artikel unter Nennung dessen vollen Namens. Der Verfügungskläger erwirkte daraufhin eine einstweilige Verfügung, die das Landgericht Köln nunmehr bestätigte.
Die Richter traten insbesondere der Auffassung der Zeitung, man dürfe in einem Fall von besonderem öffentlichen Interesse bei Eilbedürftigkeit ausnahmsweise auch ohne Stellungnahme berichten, deutlich entgegen. Wörtlich heißt es:
„Die seitens der Verfügungsbeklagten ins Feld geführte Eilbedürftigkeit der Berichterstattung rechtfertigt ein Unterlassen der Anhörung des Betroffenen nach Auffassung der Kammer im konkreten Fall nicht. Zwar ist es der tagesaktuellen Presse immanent, dass aktuelle Themen zeitnah veröffentlicht werden müssen, um die Öffentlichkeit über wesentliche Entwicklungen auf dem Laufenden zu halten. Dieser Aktualitätsdruck, dem die Presse durch die „sozialen Medien" sowie dem Wettbewerb der Medienunternehmen untereinander unterliegt, rechtfertigt es jedoch insbesondere vor dem Hintergrund der Tragweite des Vorwurfs und der von der Beklagten selbst herausgestellten Bedeutung des „Dieselskandals" nicht, unter Missachtung der für den Verfügungskläger streitenden Unschuldsvermutung seine Inhaftierung der Öffentlichkeit kundzutun, ohne ihn zuvor zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen anzuhören und ggfls. seine Sicht der Dinge in den Artikel einfließen zu lassen, um der Öffentlichkeit ein ausgewogenes Bild zu präsentieren.“