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Friedrich der Täuscher? “Lügnerische Wahlpropaganda” und § 108a StGB

Drei Viertel der Befragten werfen Merz und Union Wählertäuschung vor“, titelte kürzlich die WELT. Anlass war die öffentlich diskutierte Schuldenpolitik am Ende der Legislatur des 20. Deutschen Bundestags, zu der sich Friedrich Merz auch öffentlich positionierte.

Auch das Strafgesetzbuch (StGB) kennt den Vorwurf der “Wählertäuschung”. In § 108a StGB heißt es: “Wer durch Täuschung bewirkt, daß jemand bei der Stimmabgabe über den Inhalt seiner Erklärung irrt oder gegen seinen Willen nicht oder ungültig wählt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Der Versuch ist strafbar.” Müssen Politiker nun eine Strafverfolgung befürchten, wenn sie nach erfolgreicher Wahl ein eher flexibles Verhältnis zu früheren Wahlversprechen an den Tag legen (ein Vorwurf, den der angesprochene Friedrich Merz übrigens bestreitet)?

Nein. Denn die Regelung des § 108a StGB meint nur Täuschungen beim Wählen, also beim Wahlakt selbst. Täuschungen vor der Wahl, also bei der Willensbildung, werden nicht erfasst. Hierzu hat der Bundesgerichtshof schon 1956 (Urt. v. 05.07.1956, Az.: 3 StR 183/56) festgehalten: “Dies folgt schon eindeutig aus dem Wortlaut des § 108 a StGB. Dieser erfaßt alle Fälle des durch eine Täuschung verursachten Erklärungsirrtums. Ein solcher Erklärungsirrtum liegt nicht nur dann vor, wenn jemand zwar weiß, daß er eine Wahlhandlung vornimmt, seine Erklärung jedoch infolge der Täuschung eine andere Bedeutung hat als er vermeint; er ist erst recht dann gegeben, wenn durch die Täuschung bewirkt wird, daß der Getäuschte nicht einmal erkennt, daß er eine wahlrechtlich erhebliche Handlung vornimmt. Auszuscheiden sind dagegen die Fälle des Irrtums im Beweggrund, insbes. die Fälle, in denen ein Wähler durch lügnerische Wahlpropaganda zur Stimmabgabe in einem bestimmten Sinne veranlaßt wird. Da in diesen Fällen der Inhalt der Erklärung seinem Willen entspricht, sind die Merkmale der Strafvorschrift nicht gegeben.

Ein Politiker macht sich also nicht nach § 108a StGB strafbar, wenn er seine Wahlversprechen bricht. Ob ein solches Verhalten aber der Festigung seiner Glaubwürdigkeit dient, dürfte auf einem anderen Blatt stehen.