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Müssen NGOs Geldbußen zahlen, wenn sie für Parteien werben?

Die Frage nach der politischen Neutralität staatlich geförderter Organisationen sorgt aktuell zunehmend für Debatten“, beginnt die Unionsfraktion ihre medial seit Tagen diskutierte “Kleine Anfrage” vom 21. Februar 2025. Hintergrund der 551 Fragen an die Bundesregierung seien “Proteste gegen die CDU Deutschlands, die teils von gemeinnützigen Vereinen oder staatlich finanzierten Organisationen organisiert oder unterstützt wurden“.

Dass sich NGOs insofern kritische Fragen gefallen lassen müssen, liegt auf der Hand. Auch dass eine etwaige Gemeinnützigkeit entfallen kann, wenn eine NGO nicht bloß über politische Prozesse informiert, sondern vorrangig Einfluss auf diese nehmen will, ist bekannt.

Aber was kann passieren, wenn NGOs nicht gegen, sondern für Parteien werben?

Seit März 2024 finden sich im Parteiengesetz (PartG) neue gesetzliche Regelungen zu Werbemaßnahmen zugunsten politischer Parteien – und die haben es in sich: Wer beabsichtigt, Werbemaßnahmen “zu Gunsten einer Partei durchzuführen“, hat “der Partei die Maßnahme unter Angabe von deren Wert, Inhalt, Finanzierung und Umfang so frühzeitig anzuzeigen, dass die Partei rechtzeitig vor der Durchführung über die Annahme als Spende entscheiden kann” (§ 27a Abs. 1 S. 1 PartG). Macht das der Werbende nicht oder nicht rechtzeitig, droht ihm (dem Werbenden, nicht der Partei!) nach § 31e Abs. 2 S. 1 PartG eine “Geldbuße bis zu hunderttausend Euro“. § 31e Abs. 2 S. 2 PartG verweist ergänzend auf die Regelung des § 30 Abs. 2 S. 3 OWiG, der eine Verzehnfachung des Höchstmaßes bei Geldbußen gegen juristische Personen und Personenvereinigungen vorsieht.

In der Begründung des Gesetzesentwurfs (BT-Drs. 20/9147 v. 07.11.2023) heißt es hierzu: “Vereinzelte Werbeaktionen für Parteien durch undurchsichtige Vereine (sogenannte „Parallelaktionen“), die zur Umgehung der Spendenverbote missbraucht wurden, haben Regelungslücken offenbart.” (a.a.O., S. 1). Weiter heißt es: “Durch die Einführung von Regelungen zu sogenannten Parallelaktionen schafft das Gesetz eine sanktionsbewehrte Verpflichtung des eigenmächtig werbenden Dritten, der unmittelbar für eine Partei wirbt, diese Werbung der Partei vorab anzuzeigen. Die Partei entscheidet daraufhin über die Annahme dieser Werbemaßnahme als Spende und damit über die Anwendung der Spendenregelungen. Gerade im Vorfeld von Wahlkämpfen verhindern diese neuen Regelungen zu sogenannten Parallelaktionen, dass durch solche Parallelaktionen die Spendenregelungen im Parteiengesetz umgangen werden.” (a.a.O., S. 8).

Doch was genau unterfällt diesen neuen Regelungen? Hier erweisen sich diese leider als wachsweich und an der Grenze der (verfassungsrechtlich auch im Ordnungswidrigkeitenrecht zu fordernen) Bestimmtheit (Art. 103 Abs. 2 GG) – ab hier wird es also kompliziert:

Maßnahmen, mit denen “unmittelbar” für eine Partei geworben wird, sind zunächst Einnahmen der Partei (vgl. § 26 Abs. 1 S. 2 PartG). Der (neue) § 27 Abs. 1a PartG ordnet die “Übernahme von Werbemaßnahmen” in S. 2 sodann als Unterfall einer “geldwerten Zuwendung” und damit als Parteispende ein. Einschränkend heißt es dann aber in den nachfolgenden S. 3 ff.: “Geldwerte Zuwendungen im Sinne der Sätze 1 und 2 liegen nicht vor, wenn derartige Zuwendungen üblicherweise unentgeltlich Parteien außerhalb eines Geschäftsbetriebes zur Verfügung gestellt werden; dies gilt auch dann, wenn eine hierfür dennoch vereinbarte Vergütung an die Partei zurückgeleitet oder auf eine solche Vergütung verzichtet wird. Als Werbemaßnahmen gelten auch solche, die zwar nicht den Namen einer Partei beinhalten, aber aufgrund ihrer Gesamterscheinung nach ihrer Gestaltung oder ihrer Inhalte als Werbemaßnahme für eine bestimmte Partei aufzufassen sind. Als Werbemaßnahmen gelten nicht Meinungsäußerungen oder Bekundungen zu einer Partei, deren Positionen zu einer Sachfrage oder deren Kandidaten, soweit sie sich im Rahmen der allgemeinen politischen Willensbildung halten und nicht die wirtschaftlich relevante Werbung für eine Partei im Vordergrund steht. Davon ist insbesondere auszugehen, wenn der Wert einer Werbemaßnahme 500 Euro nicht übersteigt. Ebenfalls nicht als Werbemaßnahme gilt die Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen gemäß den §§ 55 und 58 des Abgeordnetengesetzes und entsprechender Regelungen der Länder.

Unmittelbare Werbung für eine nur mittelbar erkennbare Partei – einleuchtend, oder? “Solche Schwierigkeiten hat der Mann vom Lande nicht erwartet; das Gesetz soll doch jedem und immer zugänglich sein, denkt er“, heißt es schon in Franz Kafkas “Türhüterlegende”. Erst recht gilt das, wenn die umschriebenen Handlungen mit Strafe (bzw. hier einem hohen Bußgeld) bewehrt sind. Während etwa Äußerungen der Medien für oder gegen eine Partei ausgenommen sein dürften, ergibt sich das hinsichtlich der hier interessierenden Wahlempfehlungen von NGOs nicht ohne Weiteres.

Gerade bundesweit agierende, reichweitenstarke NGOs mit großen Kampagnen dürften hier Gefahr laufen, den neuen Regelungen zu unterfallen. Gerichtsentscheidungen sind hierzu jedenfalls nicht bekannt. Aber es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis sich das ändert – oder sich zumindest die Bundestagsverwaltung hierzu äußert (vgl. § 31e Abs. 3 PartG).